Das Kulturzentrum Gasteig in München beherbergt seit Kurzem eine Werkzeugbibliothek. Dort können sich Hobbybastler für kleines Geld die unterschiedlichsten Werkzeuge ausleihen. Die Werkzeugbibliothek unterstützt somit die Nachbarschaft beim Handwerken und verfolgt also ein ganz ähnliches Ziel wie Garage42. Grund genug um der Werkzeugbibliothek einen Besuch abzustatten und viele Fragen zu stellen.
Seit einigen Monaten gibt es die Werkzeugbibliothek am Münchner Gasteig. Das Projekt wurde von Andreas Kopp ins Leben gerufen, welcher auch für sein FabLab „Erfindergarten“ bekannt ist – einem FabLab, das sich speziell an Kinder und Jugendliche wendet.
Ich kenne Andreas schon eine Weile und verfolge mit Interesse seine
vielfältigen Aktivitäten im Bereich Making. Seine Werkzeugbibliothek
kannte ich bisher nur aus den Medien und den Sozialen Netzwerken,
so dass es Zeit wurde sich vor Ort mal ein genaueres Bild zu machen.
Die Werkzeugbibliothek
Ich biege mit meinem Fahrrad auf der Rosenheimer Straße zum Gasteig ab, und stehe wenig später vor der Werkzeugbibliothek. Ein Stehtisch und einige Bierbänke laden dazu ein, sich hier zu treffen und sich über Werkzeug und Heimwerken zu unterhalten.
In den drei Schaufenstern gibt es viel zu sehen und allerlei zu lesen:
Flyer und Schilder beschreiben was es hier so an Werkzeug gibt, und wie man die Werkzeugbibliothek benutzt.
Betritt man das kleine Ladengeschäft, dann steht man gleich am „Ausleih-Schalter“, der aus einem großen Schreibtisch mit Computerarbeitsplatz und Bezahl-Terminal besteht.
An den Wänden stehen riesige Regale voll von Werkzeug. An jenem Ausleih-Schalter-Schreibtisch sitzt dann meist Andreas, wenn er nicht gerade Werkzeuge in die raumhohen Regale an der Wand ein- oder aussortiert.
Andreas und ich begrüßen uns, und wir halten einen kleinen Plausch,
was gerade so bei uns beiden los ist – wir haben uns eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Schnell kommen wir zum Thema: wie läuft die Werkzeugbibliothek so? Wird sie gut angenommen?
Werkzeuge und Kundenkreis
Andreas erzählt, dass er einen Kundenkreis von etwa 200 Leuten hat, die überwiegend aus der unmittelbaren Nachbarschaft in Haidhausen kommen. Ich löchere Andreas, will wissen was die Leute so ausleihen und wofür. Die Klassiker sind offenbar Bohrmaschine, Akkuschrauber und Schleifgeräte. Beliebt sind aber auch Reinigungs-Utensilien wie ein Naß-/Trocken-Sauger mit dem man z.B. ein Sofa oder den Teppich wieder richtig schön sauber bekommt.
So kommt gerade ein Mann mittleren Alters zur Tür herein – Andreas hat ihn schon erwartet. Der Mann leiht sich tatsächlich einen Naß-/Trocken-Sauger aus. Andreas gibt eine kurze Unterweisung in das Gerät, sowie ein paar Tipps zu Reinigungsmitteln mit auf den Weg. Dann verlässt der Mann zusammen mit seinem Sauger den Laden mit einem „… bis bald …„. Aha – offenbar ein Stammkunde.
Wir ratschen noch eine Weile über „den typischen Kunden“ und merken aber schnell, dass es den wahrscheinlich nicht gibt. Es ist vielmehr ein großes Spektrum:
- Der Student, der sich seine Studentenbude einrichtet, aber all das nötige Werkzeug nicht kaufen kann oder will.
- Der ambitionierte Bastler, der schon immer mal einen eigenen Vollholz-Tisch bauen wollte. Nachdem er in YouTube Videos recherchiert hat wie das geht, kommt er dann in die Werkzeugbibliothek und leiht sich Hobel und Schleifgerät zum Abrichten der Holzplatten.
- Oder aber auch der Renter, der ein Werkzeug ausleiht, aber im Gespräch merkt Andreas dann häufig, dass es dem Rentner eher um das Gespräch, als um das Werkzeug geht.
Die Mission der Werkzeugbibliothek
Die Werkzeugbibliothek am Gasteig erfüllt also viele Zwecke: Hilfe bei Reparaturen im Haushalt, Teilen von Werkzeugen, Interessensaustausch für Hobby-Bastler, aber auch spontaner
Zwischenstop für die Fahrrad-Reparatur oder eben auch sozialer Treffpunkt für einen Ratsch.
Andreas bietet auch einen monatlichen Stammtisch für seine Werkzeugbibliothek-Kunden, bei dem er mehr Details zu manchen Werkzeugen demonstriert. So hat er vor einiger Zeit mehr zur Verwendung der Shaper Origin erzählt.
„Du hast eine Shaper Origin?„, frage ich.
„Ja klar“ sagt Andreas, „und die Shaper Workstation habe ich natürlich auch im Angebot„.
Mir fällt kurz die Kinnlade runter, weil ich das nicht wusste, und gedanklich bin ich soeben neuer Kunde der Werkzeugbibliothek geworden.
Andreas sieht seine Mission also darin, dass er den Nachbarn das Ausleihen von Werkzeugen möglichst einfach machen will. Gleichzeitig macht er seine Kunden neugierig auf weitere Werkzeuge, so dass der Nachbarschaft auch neue handwerkliche
Möglichkeiten aufgezeigt werden.
Fazit
Die Werkzeugbibliothek ist eine spannende Einrichtung, an der man derzeit schon recht gut studieren kann wie die Nachbarschaft darauf reagiert. Das Gespräch mit Andreas hat mir Klarheit darüber verschafft, dass ich mir für Garage42 sehr genau Gedanken über die Zielgruppe machen muss.
Jede Nachbarschaft hat ihren individuellen Bevölkerungsquerschnitt.
Die Interessen in der Nachbarschaft können sich daher stark unterscheiden: ist in Haidhausen (im Zentrum Münchens) das Lieblingswerkzeug die Bohrmaschine, dann könnte es in Solln (am südlichen Rand von München) vielleicht der Gartenhäcksler sein.
Die Nachbarn am Stadtrand sind mutmaßlich besser mit Standard-Werkzeugen ausgestattet, haben stattdessen aber eher Bedarf an der Ausleihe von teuren oder sperrigen Gartengeräten.
Es wird also nicht mein letzter Besuch in der Werkzeugbibliothek gewesen sein, weil es noch viele Fragen zu klären gilt … und weil ich demnächst unbedingt mal die Shaper Origin ausleihen muss…