Garage42 macht Urlaub in Berlin (1): Besuch im Haus der Materialisierung

Garage42 macht Urlaub in Berlin und begibt sich dabei auf die Suche nach Inspirationen. In Urlaubs-Episode 1 besuchen wir das „Haus der Materialisierung“ und sehen dabei Materialinitiativen, eine ReUse-Holzwerkstatt und eine Plattform für Leihen und Schenken.

Eingang zum „OTTO“ am „Haus der Materialisierung“ hinter dem „Haus der Statistik“

Bei Garage42 wurde es Zeit für etwas Erholung und Tapetenwechsel. Der Urlaubsort sollte Berlin sein, weil Berlin immer wieder eine Reise wert ist, und weil sich die Hauptstadt ohnehin permanent ändert, so dass man dort alle paar Jahre mal vorbeischauen sollte.

Und so steht man dann am Alexanderplatz, lässt den Blick schweifen, und bleibt dann am Schriftzug „Allesandersplatz“ am „Haus der Statistik“ hängen.

Alles wird anders im „Haus der Statistik“ am Alexanderplatz

Plakate am Bauzaun klären dann den Passanten über das Modellprojekt „Haus der Statistik“ auf. Dabei typisch für die Berliner Dynamik: die Illustration auf dem Plakat wurde bereits vom Projektfortschritt überholt. Das „Haus der Materialisierung“ steht inzwischen leer, und die Initiativen sind allesamt ins „OTTO“ in der Otto-Braun-Straße umgezogen.

Bauzaun-Plakat mit Details zum Modellprojekt „Haus der Statistik“

Aber was ist jetzt dieses Modellprojekt „Haus der Statistik“, das „Haus der Materialisierung“ und das „OTTO“? Eine Führung mit Nikolai Wolfert von Cosum verschafft Klarheit.

Eingang zum Gebrauchtmaterial-Markt „Kunst-Stoffe“

Wir starten bei der Material-Initiative „Kunst-Stoffe“ – ein Gebrauchtmaterial-Markt, von dem es eine weitere Filiale im Stadtteil Pankow gibt. Die Auswahl ist beachtlich – wir lassen die Blicke schweifen und sehen alles was das Bastlerherz begehrt: gebrauchte Kanthölzer, Holzplatten, Latten, Balken, Metalle, Eisenwaren, Textilien, Folien, Kunststoffe, …

Einblick in das Materialangebot bei „Kunst-Stoffe“

Die Tour geht weiter: wir kommen an einer offenen Textilwerkstatt vorbei in der gerade fleißig genäht wird und treffen schließlich auf die Initiative „BAUFACHFRAU Berlin e.V.“.

Eingang zur BAUFACHFRAU-Werkstatt

BAUFACHFRAU ist ein Qualifizierungs- und Bildungsträger für Frauen in Bau- und Ausbauberufen. Im Haus der Materialisierung betreibt BAUFACHFRAU eine ReUse-Holzwerkstatt, in der aus dem Gebraucht-Material von „Kunst-Stoffe“ nachhaltige Möbel entstehen können.

Als wir mit unserer Führung vorbeikommen wird gerade in der Werkstatt ein Benutzer in die Bedienung einer Oberfräse eingewiesen. Hier bekommt man also auch noch die nötige fachkundige Unterstützung für eigene Möbelprojekte.

Die ReUse-Holzwerkstatt bei BAUFACHFRAU

An dieser Stelle macht es bei mir „klick“ im Kopf: hier im Haus der Materialisierung konzentrieren sich an einem Platz wirklich alle Initiativen die für die Entstehung von nachhaltigen Produkten nötig sind – was für ein besonderer Ort!

Zum Abschluss der Rundtour stellt uns Nikolai noch seine eigenen Initiative Cosum vor: Cosum bietet eine Online-Platform für nachhaltiges Leihen und Schenken. Hier kann man sich zum Beispiel Werkzeuge, aber auch viele andere Produkte ausleihen.
Die Abholung erfolgt unkompliziert über Schließfächer im „Haus der Materialisierung“, die von Nikolai befüllt werden.

Damit endet die Tour im „Haus der Materialisierung“ und wir sind recht begeistert von dem was wir gesehen haben! Ein echtes Vorbild dem man auch in München und in anderen Städten nacheifern sollte. Unser Fazit: am Alexanderplatz im Haus der Statistik wird wirklich alles anders – der Schriftzug auf dem Haus ist nicht übertrieben!

Berlin, wir kommen wieder!

Materialkauf bei Schrauben Preisinger

Für das Design „24 Module Holz“ braucht man nicht nur Holz, sondern für die Montage auch eine ganze Menge Schrauben, Muttern und Scheiben. Ein schöner Anlass, um mal wieder in Münchens Traditions-Schraubenladen „Schrauben Preisinger“ einzukaufen! Diesmal war der Einkauf besonders interessant, denn beim Kauf habe ich auch die Frage angeschnitten, ob sowas wie eine Zylinderkopfschraube überhaupt nachhaltig sein kann. Was man mir hierauf wohl geantwortet hat?

Schrauben Preisinger
Schrauben Preisinger in der Münchner Innenstadt

Demnächst steht ja die Herstellung des Designs „24 Module Holz“ an, so dass dafür erst noch alle nötigen Teile gekauft werden müssen. Für das Design braucht man immerhin 24 Zylinderkopfschrauben samt Muttern und Scheiben. Bei dieser Menge lohnt es sich daher auch kritischer auf den Preis zu schauen.

Im Baumarkt sind Schrauben gerne mal etwas überteuert, so dass dann meist nur noch das Internet bleibt … es sei denn man wohnt in München, wo es noch einen Traditions-Schraubenladen gleich um die Ecke beim Viktualienmarkt gibt: den Schrauben Preisinger. Jeder alteingesessene Münchner kennt diesen Laden, den es bereits seit über 100 Jahren (1921) gibt.

Was das Einkaufserlebnis bei Schrauben Preisinger angeht: ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ich dort einkaufe. Die Verkäufer sind absolute Profis und der Großteil der Kunden dürften ebenfalls Profis sein (Handwerker). Zu den Kunden zählen aber auch die Hobbytüftler, Schulkinder oder Rentner aus der Nachbarschaft, die dann eben nicht die DIN-Bezeichnung jeder Schraube kennen. Und bei Verkaufsvorgängen mit solchen Kunden gibt’s dann meistens was zu schmunzeln, wenn der Verkäufer-Profi versucht, die Laien-Bestellung in eine DIN-Norm zu übersetzen. Bei Schrauben Preisinger nimmt man sich aber gerne noch die Zeit um individuell auf die Kunden einzugehen.

Für meine eigene Schrauben-Bestellung war ich gut vorbereitet: ich hatte alle DIN-Normen für Schrauben, Muttern und Scheiben parat, so dass die Bestellung schnell erledigt war.

Dann kam der spannende Teil des Einkaufs. Ich fragte einfach geradeheraus: „Dürfte ich noch wissen, wo die Schrauben genau herkommen? Ich interessiere mich nämlich für Lieferketten.
Ja freilich“ sagt der junge Mann hinter dem Tresen – ganz so, als ob er so merkwürdige Fragen jeden Tag zu hören bekommt. Er tippt die drei Artikelnummern in seinen Computer und antwortet „Also: Schrauben China, Muttern Malaysia und Scheiben Indien„.

Ich staune nicht schlecht, dass ich hier ohne Probleme diese Informationen bekomme. Meine Neugier ist geweckt, und ich erkundige mich, ob es nicht auch Lieferanten aus Deutschland gäbe. Ja, die gäbe es vereinzelt schon, aber die Produkte seien eben zu teuer und zum Teil auch von zu schlechter Qualität. Ich staune noch mehr.

Dann plaudern wir noch eine Weile darüber, wie Schrauben Preisinger zu seinen Lieferanten kommt, und ich erfahre, dass man viel Aufwand investiert um die Produkte mit der besten Qualität in Asien ausfindig zu machen.

Und damit sind wir dann schon beim Fazit: eine regionale, nachhaltige Schraube gibt es heutzutage nicht – solche Produkte kommen inzwischen alle ausnahmslos aus Asien. Trotzdem denke ich, dass ein Möbeldesign wie „24 Module Holz“ wegen seiner Zerlegbarkeit das Attribut „nachhaltig“ verdient hat, weil hochwertige Bauteile wie Schrauben vielfach wiederverwendet werden können. Eine regionale Schraube wäre zwar eine romantische Vorstellung gewesen, ist aber in unserer globalisierten Welt eine Illusion.

Robert

Zu Besuch bei Holz Gar

Ein Ziel von Garage42 ist das Selberbauen von nachhaltigen Möbeln
mit regionalen Rohstoffen. Klingt erst mal gut, aber wie realistisch ist eigentlich der Wunsch regionales Holz kaufen zu wollen? Wir machen den Praxistest und fragen mal bei Holz Gar – einem traditionellen Sägewerk im Münchner Süden – ob sie uns regionales Holz verkaufen können.

Holz Gar Fassade
Holz Gar in Egling bei München

Heute begebe ich mich auf die Suche nach einem Holzlieferanten, der die Nachbarschafts-Werkstätten in München mit regionalem Holz beliefern könnte. Dazu mache ich einen kurzen Ausflug in den schönen Münchner Süden. So ein Ausflug lohnt sich eigentlich immer, aber heute ist eher kein Ausflugswetter: es herrscht trübes Nieselwetter als ich bei Holz Gar an der Aumühle südlich von Schäftlarn ankomme.

Holz Gar Lagerplatz
Der Holz Lagerplatz bei Holz Gar

Der riesige Lagerplatz des Sägewerks ist mir schon früher bei meinen Radtouren durch die Pupplinger Au aufgefallen. Dass man hier regionales Holz bekommen kann, habe ich aber erst kürzlich bei einer Internet-Recherche herausgefunden.

Holz Gar Verkaufsausstellung
Die Verkaufsausstellung

Ich schaue mich zuerst auf dem Gelände um, schlendere durch die attraktiv gemachte Verkaufsausstellung und sehe mir Holzbeispiele für Gartenzäune, Terrassenböden und Gartenmöbel an.

Regionales Holz

Am Empfang angekommen fragt mich ein junger Mitarbeiter, ob er mir weiterhelfen kann. Ich stelle mich kurz vor, und komme dann gleich zur Sache:
Kann ich hier regionales Holz bekommen? Ich denke dabei an Kanthölzer und Bretter, aber auch an Plattenware.

Holz Gar Empfang
Freundliche Beratung am Empfang

Kritische Fragen zur Lieferkette kommen in manchen Branchen ja nicht so gut an, aber hier bei Holz Gar bekomme ich eine prompte Antwort: ja klar ist hier auch regionales Holz zu bekommen.

Ich bohre weiter nach, was man denn genau unter regional zu verstehen hat, und erfahre, dass das Sägewerk aus einem Umkreis von ca. 500 km mit Holz beliefert wird. Insbesondere Fichte und Lärche käme dabei aus der näheren Umgebung – ein häufiger Lieferant seien die Bayerischen Staatsforsten.

Das klingt doch schon mal so wie man sich das wünscht. Denkt man mal ein wenig über die Definition von „regionalem Holz“ nach, dann merkt man ohnehin, dass jeder seine eigene Definition von „regional“ haben kann. Meine Definition deckt sich aber ganz gut mit der Definition bei Holz Gar – für mich ist regionales Holz gleichbedeutend mit „Holz aus Bayern“.

Ich bohre nochmal wegen der Plattenware nach, die ja typischerweise nicht im Sägewerk hergestellt wird. Der Holz Gar Mitarbeiter bestätigt, dass es in Deutschland keine Lieferanten von Plattenware gäbe, und dass man daher Platten z.B. aus Tschechien beziehe, wobei das Hauptaugenmerk auf Qualität liege.

Und damit wird dann auch klar, dass sich bei Plattenware die Spur zum Ursprung des Holzes verliert – das Holz wird wohl irgendwo aus Osteuropa stammen. Das ist eine vorhersehbare und wenig überraschende Erkenntnis. Mir schwant, dass die Mission „kaufe Plattenware aus regionalem Holz“ ein eigenes, zeitaufwendiges Teilprojekt wäre … das ich vielleicht in der Zukunft irgendwann angehe, aber nicht jetzt.

Fazit

Nach meinem Besuch bei Holz Gar ziehe ich ein positives Fazit: sucht man im Raum München nach einem Lieferanten für regionales Vollholz, dann wird man hier fündig. Gut fand ich die Offenheit und Transparenz was die Herkunft des Holzes angeht – so stellt man sich das als Kunde vor.

Würde man zum Beispiel ein Möbel-Design wählen, das nur mit Kanthölzern oder Brettern auskommt, dann könnte man guten Gewissens behaupten, dass das Möbelstück nur aus regionalen Rohstoffen besteht.

Um die Klimabilanz noch komplett zu machen: Holz Gar liegt nahe Schäftlarn südlich von München. Der Baum ist also zunächst nur wenige 100 km hierher gefahren, fährt dann in zersägtem Zustand nur 20 km nach München weiter, wo dann aus dem Holz in der Nachbarschaftsgarage ein lokal produziertes Möbelstück entstehen kann.

Holz Gar direkt an der Isar
Holz Gar liegt direkt an der Isar

Ach ja: wer die letzten 20 km Transportweg total klimaneutral haben will, der könnte sein Holz auch im „Flößer-Style“ ganz ohne Sprit und auf der Isar schwimmend nach München bringen, denn die Isar fließt gleich nebenan 🙂

Zu Besuch bei der „treibgut“ Materialinitiative

Die Materialinitiative „treibgut“ im Kreativquartier an der Dachauerstraße ist ein Umschlagplatz für Materialien aller Art. Hier wird Material in den Kreislauf zurückgeführt – so könnte zum Beispiel der Teil eines Bühnenbildes als selbstgebautes Möbelstück ein zweites Leben bekommen. Klingt nach einer interessanten Option für die Materialbeschaffung für Garage42. Nix wie hin!

Der Eingang zum „treibgut“ im Kreativquartier

Im Kreativquartier haben sich in den letzten Jahren einige interessante Initiativen angesiedelt – darunter das „treibgut“ , eine Initiative für die Wiederverwendung von Material, das in vielen Fällen aus dem Münchner Kulturbetrieb stammt.

Ich hatte schon mehrmals vom „treibgut“ gelesen, so dass es jetzt Zeit war sich das Materiallager mal selbst anzusehen. Hinter einer unauffälligen Stahltür tut sich ein großes Materiallager auf, in dem zahlreiche Regalmeter an Material lagern. Sofort werde ich angesprochen, wie man mir helfen kann. Ich berichte kurz vom Projekt „Garage42“, und stoße damit sofort auf offene Ohren.

Kanthölzer in allen erdenklichen Ausführungen

Boris Maximowitz führt mich durch das Lager, und erklärt mir welche Materialien gut zu bekommen sind. Mein Hauptinteresse gilt Kanthölzern und Sperrholzplatten – beides ist im „treibgut“ reichlich vorhanden. Was das „treibgut“ dabei vom Baumarkt unterscheidet, ist die Unberechenbarkeit des Sortiments – es kommt halt rein, was so reinkommt.

Plattenware, Massivholzbretter und allerhand andere interessante Dinge

Ich stöbere durch das Sortiment und stoße dabei auf einige interessante Kandidaten für Möbelprojekte – im Geiste konstruiere ich schon die ersten Designs. Boris rät mir einfach regelmäßig vorbeizuschauen, und dann halt das Material mitzunehmen was für meine Zwecke passen würde.

Und genau so werde ich es dann auch machen – einfach Stammkunde bei „treibgut“ werden, und mal sehen was so zu bekommen ist.

Mein Besuch bei „treibgut“ war sehr inspiriert – jetzt wird es Zeit sich an die ersten konkreten Möbeldesigns zu machen.