Garage42 – Wie alles begann und warum überhaupt

Willkommen zum ersten Garage42 Blog Artikel!
In diesem ersten Artikel will ich ein paar Hintergrundinfos zum Projekt Garage42 geben. Wie kam es zum Projekt, welche Ideen stecken dahinter, und was soll das Ganze eigentlich?

Garage42

Wie kam es zu Garage42?

Ich beschäftige mich schon seit einigen Jahren mit der Maker-Kultur und habe im FabLab München an einer Vielzahl von Maker-Projekten gearbeitet und an einigen OpenSource Projekten mitgewirkt. Ich habe miterlebt wie die Idee der FabLabs groß geworden ist, und sich weltweit ausgebreitet hat – obwohl ich in den ersten Jahren ernsthaft befürchtet habe, dass die FabLabs dem Hype-Zyklus zum Opfer fallen, und im „Tal der Enttäuschungen“ enden könnten.

Die FabLabs gibt es nach mehr als 10 Jahren noch immer, und sie haben sich weltweit etabliert. Trotzdem kann man nicht behaupten, dass die FabLabs und deren Erzeugnisse die Welt bisher grundlegend verändert hätten. Insbesondere haben es die FabLabs trotz ihrer modernen Maschinenparks und ihren Maker-Techniken bisher nicht geschafft, das Leben von Normalbürgern besser zu machen. Die Maker und die FabLabs bilden nach wie vor eine Subkultur, mit nur wenigen Schnittstellen zur restlichen Welt.

Die FabLabs gibt es nach mehr als 10 Jahren noch immer […] Trotzdem kann man nicht behaupten, dass die FabLabs und deren Erzeugnisse die Welt bisher grundlegend verändert hätten.

Robert

Es gibt zwar eine Reihe positiver Beispiele zu MINT Bildungsprojekten, bei denen Kindern die Möglichkeiten der FabLabs näher gebracht werden, aber Erwachsene profitieren nur selten von derartigen Projekten. FabLabs sind derzeit also eher Treffpunkte für Spezialisten. Der hochtechnisiert Charakter dieser Treffs kann für technisch weniger versierte Bürgerinnen und Bürger sogar eher abschreckend wirken.

Doch dann ….

… kam die Covid-19 Pandemie, und die Maker konnten erstmals in der Krise unter Beweis stellen, wozu sie fähig sind. Der Mangel an Schutzausrüstung zu Beginn der Pandemie hat weltweit viele Maker dazu motiviert, konkrete Lösungen zu erarbeiten.
Es gab diverse Projekte für Covid-19 Face Shields, und der weltweite Austausch der verschiedenen Lösungsansätze verlief mit unglaublichem Tempo.

Face Shield Modell „Brüssel“

In München entstand im Frühjahr 2020 nach kurzer Zeit eine privat organisierte Kommunikationsplattform: der #hubmünchen. Hier liefen Angebot und Nachfrage für 3D gedruckte Face Shields zusammen. Krankenhäuser, Pflegeheime und Arztpraxen konnten Bestellungen für Face Shields aufgeben, während Maker mit 3D Druckern sich als Produzenten melden konnten.

Face Shield Statistik des #hubmünchen

Im Raum München beteiligten sich insgesamt 75 Maker an der Produktion von Face Shields. Anfang April 2020 erhöhte sich die Produktion innerhalb nur einer Woche von 2000 auf 5000 Face Shields. Nebenbei wurde auch die Logistik durch die Community weiter optimiert. So wurden zum Beispiel Materialspenden für 3D Druck Filament, Zwischenlager und Fahrdienste für die Auslieferung der Face Shields organisiert.

Diese eindrucksvolle „Leistungsschau“ der Münchner Maker-Community und der FabLabs hat mich nachhaltig beeindruckt und inspiriert. Für mich war diese dezentrale Produktion von Face Shields in großem Stil der erste greifbare Beweis dafür, dass selbst organisierte, dezentrale Produktion von Alltagsgegenständen tatsächlich funktionieren kann.
Die Maker-Community hat damit bewiesen, dass sie in der Lage ist mit ihren High-Tech Maschinen einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Für mich war diese dezentrale Produktion von Face Shields […] der erste greifbare Beweis dafür, dass selbst organisierte, dezentrale Produktion von Alltagsgegenständen tatsächlich funktionieren kann“

Robert

Welche Ideen stecken hinter Garage42?

Garage42 ist die Kombination mehrerer Ideen. Neben der Grundideen der FabLabs und der dezentralen Produktion spielen noch drei weitere Zutaten eine Rolle: die Shaper Origin Fräse, das Projekt OpenStructures und meine Garage.

Shaper Origin

Nach dem Covid-Lockdown konnten im FabLab München endlich wieder Workshops stattfinden. Der erste Kurs, den ich im FabLab München nach der Pandemie besucht habe, war die Einführung in die Bedienung Shaper Origin – eine computergesteuerte Oberfräse.

Shaper Origin Fräse von Shapertools

Obwohl ich schon einige High-Tech Werkzeuge wie Lasercutter, 3D Drucker und CNC-Fräse kenne und nutze, hat mich die Shaper Origin beeindruckt. Diese Fräse ist so simpel in der Bedienung, dass man einem Mitbürger in ein bis zwei Stunden die wesentlichen Grundlagen vermitteln kann. Nach einer kurzen Einführung kann also wirklich jeder mit der Shaper Origin selbst Werkstücke mit hoher Präzision herstellen.

Das bemerkenswerte an der Shaper Origin Fräse ist, dass sie „nachbarschaftstauglich“ ist.

Robert

OpenStructures

Ich weiß nicht mehr wie ich auf OpenStructures aufmerksam wurde, aber ich weiß noch, dass mich die geniale Schlichtheit des Konzepts sofort begeistert hat. OpenStructures ist ein modulares, standardisiertes Konstruktionsmodell, das auf einem geometrischen Raster (dem sogenannten „OS Grid“) basiert.

OpenStructures Werkzeugkiste, basierend auf dem OS Grid

Designer entwerfen Bauteile, die kompatibel zu diesem OS Grid sind. Bauteile sind dann kompatibel, wenn sie an der richtigen Stelle Bohrungen für die Montage haben, oder wenn sie das richtige Maß haben (Länge, Breite, Durchmesser). Komplexere Strukturen wie Möbel oder Lampen entstehen, indem man mehrere kompatible Bauteile miteinander kombiniert.

Beispiel für ein kompatibles Bauteil: Connector

Das Besondere dabei: mit dem selben OpenStructures Bauteil kann man wegen der Kompatibilität entweder einen Hocker oder eine Lampe bauen. OpenStructures ist also gewissermaßen wie Lego für Möbel und andere Alltagsgegenstände.

Aus dem „Connector“ Bauteil ensteht ein Hocker oder eine Lampe.

Noch ein besonderer Kniff: ein Designprinzip von OpenStructures ist die Zerlegbarkeit der Objekte. Wenn ein Tisch/Regal/Stuhl zerlegbar ist, so kann man später aus den Einzelteilen neue Dinge bauen, oder die Bauteile mit anderen Mitbürgern tauschen.

Das bemerkenswerte an OpenStructures ist, dass die Bauteile standardisiert sind, und einfach hergestellt werden können. Zudem sind die entstehenden Produkte durch ihre Zerlegbarkeit nachhaltig und ermöglichen eine Kreislaufwirtschaft.

Robert

Garage

Vielen Menschen in Deutschland haben eine Garage – ich auch. Meine ist allerdings leer, weil ich mich vor einigen Jahren aus diversen Gründen für Car Sharing entschieden habe. Beim Aufräumen meiner Garage sinnierte ich unlängst über die Bedeutung von Garagen im 21. Jahrhundert.

Meine Garage (hier noch voller Zeug)

Im Silicon Valley wurden aus Garagen heraus mächtige Konzerne wie Apple, Google und Facebook/Meta gegründet. Im Unterschied dazu ist in Deutschland die Garage ein Ort, der ausschließlich dazu dient, um ein Kraftfahrzeug (meist mit Verbrennungsmotor – eine Technologie, die über 150 Jahre alt ist) darin abzustellen.

In USA kommen in Garagen also Ideen in Bewegung, während deutsche Garagen lediglich Unorte (bzw. Nicht-Orte) sind, die für (technischen) Stillstand stehen. Schlimmer noch: nutzt man eine deutsche Garage nicht für die Aufbewahrung von antiken Kraftmaschinen, so begeht man eine Ordnungswidrigkeit wegen Zweckentfremdung. Kein Wunder also, dass in deutschen Garagen bislang keine nennenswerten Innovationen geboren wurden.

Meine leer geräumte Garage brachte mich auf die Idee, diese Garage in eine offene High-Tech Werkstatt für die Nachbarschaft umzuwidmen – also gewissermaßen ein FabLab in klein.

Und weil ich ein Freund großer Ideen bin, dachte ich mir gleich: eigentlich sollte es in jeder Nachbarschaft so eine Bastler-Garage als geben. Also nicht nur ein FabLab pro Stadt, sondern ein kleines gemeinschaftlicher Bastler-Treffpunkt in jedem Stadtviertel. Und weil wir in der Gemeinschaft stärker sind, sollten sich alle diese Bastel-Garagen miteinander vernetzen um Erfahrungen und Produkte miteinander austauschen.

Das bemerkenswerte an deutschen Garagen ist, dass es sie überall gibt, und dass sie brachliegendes Raum-Potential sind. Eine Umnutzung von Garagen könnte in jedem Stadtviertel genügend Raum für innovative Projekte wie Garage42 schaffen.

Robert

Was soll das Ganze eigentlich?

Damit wäre die Zutatenliste für Garage42 komplett:

  • Was? Selbstgebaute Alltagsgegenstände.
    Vorbild OpenStructures: modular, standardisiert, zerlegbar, nachhaltig.
  • Womit? Computergesteuerte Fräse.
    Mächtiges, für jedermann einfach bedienbares High-Tech Werkzeug für die Produktion von nachhaltigen Bauteilen.
  • Wo? Garage.
    Schnell erreichbare, dezentrale Produktionsstätte gleich um die Ecke, untereinander vernetzt.
  • Wer? Nachbarn.
    Bürger kooperieren regional und vernetzen sich mit Bürgern in anderen Stadtvierteln.

Die Vision

Wir alle suchen nach Wegen aus der Klimakrise, doch wir fragen uns,
welchen Beitrag wir schon als einzelner Bürger dazu leisten können.
Garage42 zeigt am Beispiel „Möbelproduktion“ einen ganz konkreten Weg auf.

Mit modernen Maschinen können wir eine Vielzahl von Möbeln ganz einfach selbst produzieren. Wenn wir die Produktion von Möbeln zusammen mit Nachbarn einfach selbst in die Hand nehmen, dann machen wir uns von großen Möbelkonzernen unabhängig.
Wir verabschieden uns von Wegwerf-Möbeln, vermeiden lange Lieferketten der Möbelindustrie, verhindern die Zerstörung wichtiger Waldgebiete irgendwo am anderen Ende der Welt, und haben dabei noch Spaß am Selbermachen und am Miteinander.

Wenn wir das Gemeinschafts-Modell Garage42 zum Fliegen bringen,
dann könnten schon bald weitere Produkte und Ideen für dezentrale Produktion folgen. Wenn wir dabei auf die Verwendung regionaler Rohstoffe achten, dann können dabei nachhaltige Produkte entstehen, wie sie kein Großunternehmen der Welt jemals produzieren könnte.

Wir haben es in der Hand, und wir können noch heute damit anfangen.
Worauf warten wir also noch?

Mach mit bei Garage42!

Robert

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