OpenStructures – ein Überblick

Willkommen zum zweiten Garage42 Blog Artikel!
Wir wollen uns diesmal das Projekt OpenStructures genauer ansehen, und dabei die herausarbeiten, warum dieses Modulare System ziemlich genial ist.

Entstehung

OpenStructures wurde durch den Designer Thomas Lommée entwickelt. OpenStructures ist ein modulares, standardisiertes Konstruktionsmodell, das auf einem geometrisches Raster (OS Grid) basiert.
Die Idee Möbel aus standardisierten, modularen Bauteilen herzustellen existiert schon länger. So hat zum Beispiel Ken Isaacs bereits im Jahr 1974 das Buch „How to build your own living structures“ veröffentlicht, und darin den Bau von modularen Möbeln beschrieben.

Analyse

Die geniale Idee bei OpenStructures besteht in der Standardisierung von Bauteilmaßen und in fest definierte Positionen für Montagepunkte. Eine weitere clevere Idee ist der Grundsatz, dass OpenStructures Bauteile nur verschraubt werden sollen. Damit können sie später wieder zerlegt und dann für andere Zwecke verwendet werden.

OpenStructures hat den Anspruch, dass standardisierte Bauteile immer wieder für unterschiedlichste Konstruktionen verwendet werden können. Damit soll es dann möglich sein eine Vielzahl von Alltagsgegenständen zu bauen.

Soweit die geniale Grundidee und der Anspruch was damit möglich sein sollte. Doch wie steht es mit der aktuellen Umsetzung dieser Grundideen? In den nachfolgenden Abschnitten wollen wir einen genaueren Blick auf die aktuell verfügbaren Bauteile werfen, und dabei prüfen, wie einfach der Nachbau von OpenStructures Objekten derzeit ist.

Wiederverwendung von Bauteilen und Vielfalt von Objekten

Wenn man sich die Webpage von OpenStructures genauer ansieht,
dann wird man zunächst durch die Fülle der Bauteile und Objekte erschlagen. Auf den ersten Blick denkt man daher, dass man mit dieser Vielzahl an Bauteilen nahezu alles bauen kann.

Bei genauerer Betrachtung gibt es aber bislang nur wenige Bauteile,
die tatsächlich in mehreren Objekten verwendet werden – das Bauteil „P.1360.5 Connector“ ist ein Beispiel dafür.

Sieht man sich die fertigen Konstruktionen an, dann fällt schnell auf,
dass es mit der Fülle an Möbelstücken derzeit noch nicht weit her ist.
Auf der OpenStructures Webpage gibt es eine Reihe von Regalen und Tischen, sowie einige wenige Stühle und Lampen.

Man könnte also meinen, dass man derzeit mit OpenStructures doch nur sehr wenige unterschiedliche Objekte bauen kann. Doch dieser Eindruck täuscht. Allein mit dem Bauteil Quadratleiste/Quadratrohr und der Verbindungsart „Eckverbindung“ ist eine erstaunliche Vielzahl von Objekten in verschiedenen Größen denkbar: Tisch, Stuhl, Sideboard, Regal.

Unterschiedliche Objekte aus dem Bauteil Quadratrohr

Die Vielfalt steckt also nicht nur in der Anzahl unterschiedlicher Bauteile, sondern auch in den Variationsmöglichkeit bei den Bauteilmaßen. Sieht man also auf der OpenStructures Webpage ein Regal, dann steht dieses Regal auch stellvertretend für dutzende andere Regale mit anderen Maßen.

Nachbau von Bauteilen und Objekten

Auf den ersten Blick scheint es so, als ob man die Konstruktionsdaten
zu allen OpenStructures Bauteilen einfach herunterladen, und sofort mit der Produktion beginnen kann. Tatsächlich werden aber nur für manche Bauteile und Objekte kostenlose Downloads angeboten (OpenStructures Account vorausgesetzt).

Die Downloads liegen dabei im Sketchup-Format vor, das sich für
sofortige maschinelle Weiterverarbeitung nicht besonders gut eignet.
Vektorzeichnungen der Bauteile in Standardformaten wie SVG wären
für flache Bauteile die bessere Wahl gewesen. Ein weiterer Schwachpunkt ist dabei auch, dass Sketchup keine OpenSource Software ist, so dass man sich an ein kommerzielles Produkt binden müsste.

Da die meisten Bauteile eine eher schlichte Form haben, ist es aber
meist kein Problem die Bauteil-Form mit einem Vektorgrafikprogramm nochmals nachzuzeichnen – das OpenStructures-Raster bietet dabei für die Bauteilmaße eine gute Orientierung. Das Bearbeiten der Original-Bauteile wäre in vielen Fällen ohnehin notwendig, wenn zum Beispiel die Bauteilmaße noch auf eine bestimmte Materialstärke angepasst werden müssen.

Lizenz

Eine weitere Besonderheit bei OpenStructures ist die verwendete Lizenz. Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass die Bauteile und die Objekte unter einer Art OpenHardware Lizenz stehen.
In den Downloads ist zwar kein Lizenztext enthalten, aber die Nutzungsbedingungen enthalten zwei Abschnitte, die die Bedingungen für private und kommerzielle Nutzung beschreiben. Erfreulicherweise ergeben sich aus der Lizenz für die private Nutzung nur wenige Pflicten für den Nutzer.

Die Lizenzbedingungen von OpenStructures wirken im Jahr 2022 allerdings etwas gestrig. Längst gibt es etablierte OpenHardware-Lizenzen (wie die CERN Open Hardware Lizenz), die einfacher zu interpretieren sind. Ebenso haben sich längst einige Plattformen – wie z.B. Open Source Ecology etabliert, die sich auf OpenHardware Downloads spezialisiert haben. Da erscheint es relativ altmodisch, wenn man bei OpenStructures weiterhin auf eine eigene Download-Plattform und auf eine selbstgemachte Lizenz setzt.

Fazit

Das Angebot an Objekten bei OpenStructures wirkt derzeit noch recht dünn, so dass man glauben könnte, dass dieses System nicht halten kann was es verspricht. Wir haben jedoch gesehen, dass durch die Variation von Bauteilmaßen eine große Vielfalt von Objekten möglich ist.

Der Nachbau von OpenStructures Bauteilen wird derzeit dadurch erschwert, dass es nicht zu jedem Bauteil Daten-Downloads gibt, und dass mit SketchUp nicht das ideale Datenformat gewählt wurde. Trotzdem ist der Nachbau von Bauteilen in vielen Fällen gut möglich.
Die OpenStructures Lizenz erlaubt den Nachbau von Bauteilen und Konstruktionen für private Nutzung – bei kommerzieller Nutzung muss die Lizenz genauer auf die Bedingungen geprüft werden.

Obwohl es bei OpenStructures durchaus ein paar Kritikpunkte gibt – entscheidend ist das Potential, das hinter der OpenStructures-Idee steckt. Je mehr Designer und Nutzer sich mit diesem System auseinandersetzen, desto mehr Bauteile und Konstruktionen werden entstehen, und desto mehr Objekte werden möglich.

OpenStructures wird sein volles Potential also erst dann entfalten können, wenn viele Menschen verstanden haben was damit möglich ist.

Bei Garage42 wollen wir daher möglichst vielen Mitbürgern das OpenStructures System erklären und zum Experimentieren einladen. Konkrete Beispiele sollen zeigen, dass schon heute eine unglaubliche Vielfalt von nachhaltigen Möbeln machbar ist, und dass die Möbel bei Bedarf auch flexibel an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.

Wir laden daher alle Bastler in der Nachbarschaft ein: lasst uns zusammen mit OpenStructures experimentieren und dabei immer neue Möglichkeiten entdecken!

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